WARUM FÄLLT ES UNS SO SCHWER, UNSERE ZIELE LANGFRISTIG UMZUSETZEN?

Sind externe Faktoren dafür verantwortlich? Vergeht die Zeit einfach zu schnell? Lässt unser Leben es nicht zu? Können wir wirklich nichts dagegen tun?

Die einfache Antwort ist, wir haben es verlernt.

In unserer schnelllebigen Zeit sind wir es gewohnt, dass auf eine Handlung kurzfristig eine direkte Reaktion erfolgt. Insta Story raus und 5 min später gleich mal checken, wie viele Leute es schon gesehen haben, wie viele Herzchen und Quick Reactions man bekommen hat.  Ja, wir leben in einer Zeit einfacher Belohnungen und schneller Ergebnisse. Geduld gehört eher nicht mehr zu den Tugenden unserer Gesellschaft. Das führt dazu, dass wir schnell die Motivation verlieren, wenn unser Belohnungszentrum im Hirn nicht kurzfristig nach der Handlung aktiviert wird. Und so kommt es, dass wir häufig nicht durchhalten bis merklich Änderungen sichtbar werden, auch wenn wir wissen, dass manche Gewohnheiten langfristig viel besser für uns wären.

Wir wollen große und tiefgreifende Veränderungen, am liebsten direkt mit einem Fingerschnippen. Aber Gewohnheiten, die wir über viele Jahre aufgebaut haben, lassen sich nicht über Nacht ändern. Es benötigt Kontinuität, um wirklich nachhaltig etwas zu ändern.

Hier kommt die japanische Philosophie des Kaizen ins Spiel, die uns genau dabei behilflich sein kann.

Ursprünglich eine Philosophie der japanischen Wirtschaft, aus der Prozessverbesserung, kann der Gedanke des Kaizen auch für die Persönlichkeitsentwicklung ein echter Gamechanger sein.

KAIZEN.

Der Begriff bedeutet so viel wie Veränderung zum Bessern (von „kai“ = „Veränderung“ oder „Wandel“ und „zen“ = „zum Besseren“).

Die Philosophie besagt, dass wahre Perfektion über kleine stetige Veränderungen erreicht werden kann und fokussiert damit die Kontinuität im Gegensatz zur sprunghaften Innovation. Ganz im Sinne von „vom Guten zum Besseren“, immer und immer wieder.

Die Philosophie des Kaizen wurde nach dem zweiten Weltkrieg von den USA nach Japan gebracht. Als dort ein großer Personalmangel vorherrschte, war die Idee, dass Arbeitskräfte selbst lernen sollten, die Methoden und Abläufe zu hinterfragen und ggfs. zu verbessern, anstatt blind Vorschriften zu befolgen. Eigentlich ein erster Schritt zur Abschaffung von Hierarchien und hin zu einer Befähigung der Mitarbeitenden. Die Anwendung der Philosophie hat so gut funktioniert, dass sich Kaizen schnell zum Hauptfaktor des japanischen Aufstiegs entwickelt hat. So hat auch Toyota die Methode aufgegriffen, zur Firmenphilosophie gemacht und damit ihren Erfolg gesteigert.

Der Kerngedanke des Kaizen lässt sich jedoch auf sämtliche Bereiche des Lebens übertragen und wäre meiner Meinung nach viel zu schade, wenn es nur bei Prozessverbesserungen in Betracht gezogen werden würde. Denn auch in der Persönlichkeitsentwicklung gilt: Nachhaltiger Wandel entsteht durch kleine, aber kontinuierlich positive Veränderung.

WIE KANNST DU KAIZEN FÜR DICH NUTZEN?

Schritt 1 ist die Bestandsaufnahme.

Diese ist wichtig, um den Startpunkt zu definieren. Dafür lohnt es sich, einmal deine Gewohnheiten zu betrachten und zu hinterfragen. Gewohnheiten sind extrem wichtig für unser Leben, denn durch den automatisierten Ablauf sparen wir Hirnkapazitäten, die wir für größere und wichtigere Aufgaben nutzen können. Klassisches Beispiel: Atmen – stell dir vor, du müsstest das bewusst steuern. Ganz schön anstrengend…

Gewohnheiten werden erst dann „ungesund“, wenn sie ihrer ursprünglichen Aufgabe nicht mehr dienlich sind, weil wir oder die Umstände sich geändert haben. Dadurch können dann ungesunde Verknüpfungen im Gehirn entstehen wie z.B. die Verknüpfung von Stress mit Schokolade. Der erste Schritt besteht deshalb erstmal darin, ungesunde Gewohnheiten aufzuspüren und auf Basis dessen neue Ziele zu definieren. Was würdest du gerne in Angriff nehmen? Gibt es vielleicht Gewohnheiten, die du mal hattest, aber irgendwann abgelegt hast und gerne wieder zurückhättest? Gibt es eine Vision oder ein Ziel, welches du unbedingt erreichen möchtest, aber irgendwie weißt du nicht, wo du anfangen sollst?

Das bringt uns zu Schritt Nummer 2: Definiere dein Ziel. Was möchtest du erreichen? Warum möchtest du das erreichen? Was bringt es dir für dein Leben, wenn du jetzt für dein Ziel losgehst?

Hier ist der Punkt, an dem Kaizen einen wahrhaften Unterschied machen kann. Anstatt dich von der Größe des Zieles einschüchtern zu lassen und deshalb nicht loszugehen, kannst du Kaizen anwenden, indem du dich fragst: Was wäre der kleinste und leichteste Schritt in Richtung dieses Ziels? (Schritt Nummer 3)

Mit dieser Taktik bewegst du dich mit vielen klitzekleinen Schritten stetig in Richtung deines Ziels und kommst motiviert an, weil so viele schöne kleine Teilerfolge bereits hinter dir liegen. Du kannst die gleiche Vorgehensweise auch nutzen, um neue Gewohnheiten zu etablieren.

Nehmen wir an, du möchtest regelmäßig Yoga machen, am liebsten täglich, weil du weißt, dass es dir immer guttut, wenn du es machst.

Meilensteine könnten dann z.B. sein, dass du 1x pro Woche 5 min Yoga machst, Regelmäßig für ein paar Wochen. Der nächste Meilenstein könnte dann 2 mal pro Woche sein. Von da an könntest du dich auf 10 Minuten steigern usw.

Einer der zentralen Aspekte der Kaizen-Philosophie ist ihre Flexibilität. Dazu gehört, dass die Größe der Schritte deiner natürlichen Geschwindigkeit angepasst werden können. Wenn es zu schnell geht, kannst du den Druck herausnehmen und die Dauer der Übungseinheiten verkürzen. Kaizen bietet dir die Flexibilität die Schritte deinem Alltag anzupassen und umgekehrt.

Beim Kaizen geht es nicht darum, so schnell wie möglich so viel wie möglich zu erledigen - vielmehr zählt die Ausrichtung der eigenen Schritte hin zur persönlichen Zielerreichung.

Schritt 4 des Kaizen besagt, dass die Fortschritte aufmerksam und regelmäßig überprüft werden. Am besten suchst du dir hierfür eine Möglichkeit der Dokumentation wie bspw. einen Habit Tracker, ein Tagebuch, oder ähnliches. Dort überprüfst du dann deinen Fortschritt zum Beispiel einmal im Monat. Der Rückblick hilft dir dabei, deine Verhaltensveränderung sichtbar zu machen und damit die Erfolge zu feiern.

Aber bei aller Kontrolle, sei stets milde mit dir selbst.
Es gibt Zeiten im Leben, die deine volle Aufmerksamkeit und Energie fordern und kein Raum für die Umsetzung der neuen Gewohnheiten bleibt. Egal, was du dir vorgenommen hast: Es bringt rein gar nichts, wenn du dich für das Verfehlen deiner Ziele fertig machst. Mach dir bewusst, dass Veränderung Zeit braucht. Es kann zwischen 18 und 254 Tage dauern, neue Verhaltensweisen zu automatisieren. Gigantische Spannbreite, oder? Das liegt daran, dass jeder Mensch und jede Gewohnheit so unterschiedlich sind und die Bedingungen komplex sind. Wenn du mal aus der Gewohnheit rausfällst, bleibe in einer positiven Grundhaltung und beginne einfach wieder mit dem kleinsten möglichen Schritt.  

Das ist das Schöne an der Kaizen Methode.

Sie steht für eine flexible und individuelle Offenheit für lebenslanges Lernen. Beobachte daher achtsam, was dich weiterbringt, reflektiere deine Gefühle und Gewohnheiten und sei sensibel für die Momente, in denen du auch mal langsam machen solltest. Du kannst jederzeit wieder zu deinen kleineren Schritten zurückkehren, wenn das Leben gerade verrückt spielt.

Besser einen kleinen Schritt als keinen Schritt.

Gehe den Weg in deinem eigenen Tempo und blicke nicht hinauf auf den Gipfel, sondern richte den Blick auf den Weg vor dir und setze einen Fuß vor den anderen.

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